Online - der ständige Druck

11. Schulstufe - HLW Deutschlandsberg (Stmk.)

Kurzfilm - VIDEO PREISTRÄGER 2021

Inhalt

Der Kurzfilm von Lena Lilek ist gleichzeitig das Abschlussprojekt an der HLW Deutschlandsberg. In Form eines inneren Monologs gewährt der Film Einblicke in die Gefühlswelt einer Protagonistin, die sich starkem medialem Druck ausgesetzt fühlt. Sorgen, den eigenen Followern nicht zu gefallen, mischen sich mit Befürchtungen nicht zugehörig zu sein, etwas zu verpassen oder eigenen Erwartungen nicht zu genügen. Trotz dieser negativen Erfahrung fällt es der Protagonistin sichtbar schwer sich diesem medialen Sog zu entziehen und unabhängig davon zu agieren. Das Smartphone bleibt ständiger Begleiter – sogar beim Schälen der Mandarine.

„Online – der ständige Druck“ setzt sich kritisch mit der Frage auseinander, welche Wirkung moderne Kommunikationsformen wie Social Media auf ein Individuum haben können. In diesem Fall führt dies bei der Protagonistin zu großer Unsicherheit, wie sie von außen wahrgenommen wird. Letztlich gelingt es ihr, sich dem Druck zu entziehen, indem sie das Smartphone zur Seite legt und sich ein wenig Offlinezeit gönnt. Zu wissen, wann man ausschalten soll, ist letztlich auch ein wichtiger Aspekt von Medienkompetenz.

Projektleitung: Verena Rexeis

Jurybegründung

Medien, vor allem Social Media, sind nicht nur „Teil“ unserer Realität in dem Sinne, dass sie als gewissermaßen eigene Welt die Realwelt ergänzen. Nein, mehr: sie sind der Spiegel, über den wir uns selbst suchen, beobachten und in realer Umgebung wiederfinden – auch weil wir es so möchten und weil wir uns so im Vergleich zu unserer sozialen Umwelt selbst wiederzuerkennen und zu bestätigen suchen. Das ist ein soziopsychischer Mechanismus, der schon im zwischenmenschlichen Umgang mit Gestik, Symbolik und Sprache medialisiert ist. Die technischen Medien sind deren mögliche Erweiterung.

Und genau dort liegen Chance und Gefahr nahe beieinander: Die Möglichkeit sich im Spiegel weiterer Horizonte zu finden, oder, wenn eben nur dort – dann möglicherweise sich in den Vorgaben von vorfabrizierten und ästhetisch verallgemeinerten Programmen (erst recht) zu verlieren. Dabei ist der Faktor Zeit ein mahnendes Merkmal.

Das Video „Der ständige Druck“ macht auf diesen Umstand des Verlustes der Zeitkontrolle eindrücklich aufmerksam. Es schildert aus subjektiver Perspektive, dass und wie Menschen über den Mediengebrauch ihre Wirklichkeitswelt fingieren, dass es dazu aber auch ein kritisches Maß an Kontrolle braucht, um sich nicht von diesen Spiegelungen blenden zu lassen und abhängig zu machen. Zeitkontrolle ist in der sozialen und eben auch medialen Welt Beziehungskontrolle: Wer sind die Menschen, was sind die Ereignisse und Gegebenheiten und welche sind die Deutungen, in denen ich mich erkennen kann und zu erkennen geben möchte? Der Druck entsteht zwischen dem Begehren nach einer Welt des Geschehens, in der man, wenn man sich darin verliert, letztendlich alleine zu bleiben droht.

Es ist der Fingerzeig dieses Videos, dass Medienkompetenz in einer im Modus von (sozialen) Medien gebauten sozialen, gesellschaftlichen und symbolischen Umwelt auch Selbstkompetenz (Selbstachtung, Selbstzuständigkeit, Selbstverantwortung) einzuschließen ist. Das muss man – medienpädagogisch gedacht – nicht moralisch aufladen und auch nicht nur auf sich als Individuum beziehen. Das Phänomen ist gesellschaftlich zu betrachten: Wir leben in einer gesellschaftlich organisierten Welt, in der zwischenmenschliche Beziehungen und deren Formate über den Mediengebrauch ausverhandelt werden. Das eröffnet sowohl weitere Horizonte wie auch weiterreichende Herausforderungen.

Diesen Komplex in einer sehr persönlich erzählten Geschichte eingefangen und interpretiert zu haben, ist das Verdienst dieses Videos. Es verfolgt mit ganz einfachen Mitteln die Wirkung der Identifikation. Es bleibt bei der Problembeschreibung, lässt mögliche Lösungen offen – das gibt Raum für die pädagogische Aufarbeitung. Für dieses Bemühen wird das Projekt mit dem MLA[mla 2021 ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch!